Felder-Entkiesung und Deicherstellung bei Baitzen
"Die Ende August und Anfang September 1938 aufgetretenen starken Regenfälle verursachten auch im Kreise Frankenstein ein Hochwasser, wie es sei Jahren, ja Jahrzehnten, nicht mehr zu verzeichnen gewesen ist. Besonders stark wurde der Glatzer Gebirgskessel von wolkenbruchartigem Regen heimgesucht. Die Neiße uferte aus und richtete mit ihren reißenden Fluten beträchtlichen Schaden an. Die Größe der Hochwasserkatastrophe läßt sich aus folgenden Niederschlagsmengen erkennen, die die amtliche Regenmeßstation in Maifritzdorf festgestellt hat:
(...) Die Gesamtniederschlagsmenge beläuft sich hierzulande auf ungefähr durchschnittlich 650 mm. Die vorstehend genannten Niederschläge haben somit in dieser kurzen Zeit 52... |
...Prozent der Gesamtjahresniederschlagsmenge erreicht.Sämtliche Wasserläufe und Vorflutgräben uferten völlig aus und setzten größere Flächen unter Wasser. Gerade in der Neißeniederung waren erhebliche Schäden an Gebäuden, Straßen, Wegen, Wasserläufen, Brücken und sonstigen Bauwerken sowie an landwirtschaftlich genutzten Flächen zu verzeichnen. Groß- und Kleinvieh mußte in sehr vielen Fällen in Sicherheit gebracht werden. Das Wasser drang in zahlreiche Wohnungen ein. An Straßen und Wegen rissen die Fluten metertiefe Löcher. Besonders ungünstig wirkte sich das Hochwasser in der Ortschaft Frankenberg aus. Die hier gelegenen Felder und Wiesen sowie die Wohnräume der Einwohner wurden stark in Mitleidenschaft gezogen. Infolge des geringen Gefälles und der schlechten Abflußmöglichkeiten waren Tümpel noch nach Wochen zu erkennen und nur durch Verdunstung ergab sich eine Austrocknung. Verschiedene Wehranlagen in der Neiße erlitten beträchtlichen Schaden, sodaß einige Kraftwerke, die die benachbarten Industrien und Gemeinden mit elektrischer Energie versorgen, außer Betrieb gesetzt waren. Telefonische Verbindungen von einigen Ortschaften zur Kreisstadt waren unterbrochen. Die an der Neiße gelegenen Deiche sind an 15 Stellen teilweise auf einer größeren Strecke bis zu 300 Meter durchbrochen worden. Als Folge davon ergab sich (auch durch die Auskolkungen und Uferrisse) eine Versandung und Verschotterung der benachbarten fruchtbaren Äcker und Wiesen, die eine landwirtschaftliche Bewirtschaftung unmöglich machten.
Zur Beseitigung der gröbsten Abflußhindernisse mußten Feuerwehren, verschiedene Arbeitsdienstabteilungen, die Pionier-Abteilung 48 Breslau, die technische Nothilfe, die Motorsportschule Schweidnitz und die Organisationen der Partei eingesetzt werden. Die größte Gefahr bestand in der Nacht von Donnerstag, den 1. auf Freitag, den 2. September 1938. Das Dorf Pilz stand in dieser Nacht völlig unter Wasser. Um den Bewohnern behilflich zu sein, mußten die Pioniere, da eine Wegverbindung nach Pilz unmöglich war, mit dem Schlauchboot bis Pilz die Neiße hinunterfahren. Nach großen Anstren-... |
...gungen wurden alsdann von Haus zu Haus sofort die notwendigen Hilfemaßnahmen eingeleitet. Einige Volksgenossen mußten aus den gefährdeten Wohnungen herausgeholt werden. Durch die NS-Volkswohlfahrt war es möglich, die Bewohner mit Lebensmitteln zu versorgen.Die Hochwasserkatastrophe hat erneut gelehrt, daß es dringend notwendig ist, die im Kreise Frankenstein gelegenen größeren Wasserläufe, wie Pausebach, Ohle, Staudebach, Mannsbach, Weigelsdorfer Wasser, Hemmersdorfter Bach, Maifritzdorfer Bach usw. nach den neuen wasserwirtschaftlichen Gesichtspunkten auszubauen. Im Vordergrunde dieser Projekte steht die Regelung der wasserwirtschaftlichen Verhältnisse im Staudebachgebiet bei Frankenberg.
Der Reichsarbeitsdienst wird hier große Aufgaben zu erfüllen haben. In dankenswerter Weise hat die Reichsleitung des Reichsarbeitsdienstes ein Arbeitsdienstlager in Briesnitz für die Staudebachniederung errichtet. Mit den Arbeiten wurde am 1. April 1939 begonnen. Neben der Regulierung des Staudebaches von ca. 4,5 Kilometer Länge ist der Bau eines Rückhaltebeckens von 2 000 000 Kubikmeter Fassungsvermögen geplant. Weiter ist beabsichtigt, neben dieser Talsperre eine Trinkwasserversorgung der Gemeinden Frankenberg und Riegersdorf, ebenso die Abwasserverwertung der Stadt Wartha und größere Be- und Entwässerungsarbeiten auszuführen. Wenn auch ein größerer Teil dieser... |
...Arbeiten durch Fachkräfte durchgeführt werden muß, so bleibt doch immer hin dem Reichsarbeitsdienst ein umfangreiches Tätigkeitsgebiet vorbehalten.Die Beseitigung der Hochwasserschäden wurde von der Kreisverwaltung als die vordringlichste Aufgabe angesehen. Die große finanzielle Hilfe des Staates soll auch hier dankbar erwähnt werden.
Das Schwergewicht der Aufräumungsarbeiten fiel in erster Linie auf die Freilegung der versandeten und verkiesten über 200 Morgen großen Acker- und Wiesenflächen. Hier galt es, diese baldigst der landwirtschaftlichen Nutzung wieder zuzuführen. Um einer erneuten Hochwasserkatastrophe vorzubeugen, war bei der Schließung der oben erwähnten umfangreichen Deichbrüche in der Neißeniederung die größte Beschleunigung geboten. Das trifft auch für die völlig verkiesten Wasserläufe zu. In den Gemarkungen Pilz, Baitzen, Reichenau und Schrom ist mit der Freilegung der verkiesten Flächen durch den Einsatz von Großgeräten (Schwimmbagger, Schienenbagger und verschiedene Dampf-, Rohöl- und Benzinlokomotiven) bereits begonnen worden. Ebenso sind die Arbeiten bei den Deichbrüchen und verkiesten Wasserläufen sowie größeren Uferbefestigungen im Gange. Die mit der völligen Beseitigung der Hochwasserschäden zusammenhängenden Arbeiten werden jedoch noch mehrere Jahre in Anspruch nehmen." |
Deichbruch in der Gemarkung Baitzen
Der wiederhergestellte Neiße-Deich bei Baitzen
Dieser Bericht erschien im Frankenstein-Münsterberger Heimatkalender von 1940. Der Leser wird erkennen, welche Ausmaße das Hochwasser hatte. Die gesamte Neißeniederung war ein einziger großer See. Im Flussbett selbst schoss das Wasser mit großer Geschwindigkeit talwärts. Der Neißedamm am Raschken hielt lange Zeit stand; als das Wasser am Spätnachmittag die Dammkrone überflutete, war es nur noch eine Frage der Zeit, wann der Damm brechen würde. Zur Hilfe herbeigeeilte Arbeitsdienstmänner mussten unverrichteter Dinge wieder umkehren. Gegen Mitternacht wurde der Damm in einer Länge von 300 Metern weggerissen. Vom Wasser besonders betroffen war das Grundstück von Alfons Christoph, Nr. 49. Glück im Unglück war, dass hier keine Strömung auftrat. Im Wohnhaus von Christoph stand dennoch das Wasser über einen Meter hoch.
Gut Klarenhof lag neißeabwärts, unmittelbar an der Reichenauer Neißebrücke, gehörte jedoch zu Baitzen. Dort wohnten ca. 30 Menschen, die nun unmittelbar vom Wasser bedroht waren, das Gut lag inmitten der Fluten. In der Baitzner Mühle wurde ein Kahn auf einen LKW geladen und im Umweg über Hertwigswalde bis auf etwa 300 Meter an den Klarenhof herangefahren. Dann gebot das Wasser Halt. Die Patschkauer Chaussee war ab Baitzen schon längst nicht mehr passierbar. Mit dem einfachen Kahn wurden Männer, Frauen und Kinder gerettet. Weil sich zwischen den einzelnen Gebäuden starke Stömungen gebildet hatten, war das Unternehmen nicht ganz ungefährlich.
Das ganze Ausmaß des Schadens wurde sichtbar, als nach einigen Tagen das Wasser wieder abgelaufen war. Quer durch den Raschken, von der Neiße zum Mühlgraben, hatte sich ein zweiter Neißearm gebildet. 8 bis 10 Morgen Ackerland lagen unter Kies begraben, an manchen Stellen 1,50 Meter hoch. Entwurzelte Bäume, angetriebene Baumstämme, Geäst, Tierkadaver und allerhand Unrat boten ein Bild der Verwüstung. Ein Pfeiler der Neißebrücke hatte sich abgesenkt. Der Pfeiler musste mit einer stählernen Spundwand umgeben und mit Beton ausgegossen werden. Das neuentstandene Flussbett wurde zugeschüttet, die Felder bis auf einen Rest von 2 Morgen entkiest. Zur Wiederherstellung des Dammes wurde Kies von der Schromer Seite per Feldbahn über eine Behelfsbrücke transportiert. Das Frühjahrshochwasser 1939 riss diese Brücke wieder weg, man musste sie neu errichten.
Dieser Bericht erschien im Frankenstein-Münsterberger Heimatkalender von 1940. Der Leser wird erkennen, welche Ausmaße das Hochwasser hatte. Die gesamte Neißeniederung war ein einziger großer See. Im Flussbett selbst schoss das Wasser mit großer Geschwindigkeit talwärts. Der Neißedamm am Raschken hielt lange Zeit stand; als das Wasser am Spätnachmittag die Dammkrone überflutete, war es nur noch eine Frage der Zeit, wann der Damm brechen würde. Zur Hilfe herbeigeeilte Arbeitsdienstmänner mussten unverrichteter Dinge wieder umkehren. Gegen Mitternacht wurde der Damm in einer Länge von 300 Metern weggerissen. Vom Wasser besonders betroffen war das Grundstück von Alfons Christoph, Nr. 49. Glück im Unglück war, dass hier keine Strömung auftrat. Im Wohnhaus von Christoph stand dennoch das Wasser über einen Meter hoch.
Gut Klarenhof lag neißeabwärts, unmittelbar an der Reichenauer Neißebrücke, gehörte jedoch zu Baitzen. Dort wohnten ca. 30 Menschen, die nun unmittelbar vom Wasser bedroht waren, das Gut lag inmitten der Fluten. In der Baitzner Mühle wurde ein Kahn auf einen LKW geladen und im Umweg über Hertwigswalde bis auf etwa 300 Meter an den Klarenhof herangefahren. Dann gebot das Wasser Halt. Die Patschkauer Chaussee war ab Baitzen schon längst nicht mehr passierbar. Mit dem einfachen Kahn wurden Männer, Frauen und Kinder gerettet. Weil sich zwischen den einzelnen Gebäuden starke Stömungen gebildet hatten, war das Unternehmen nicht ganz ungefährlich.
Das ganze Ausmaß des Schadens wurde sichtbar, als nach einigen Tagen das Wasser wieder abgelaufen war. Quer durch den Raschken, von der Neiße zum Mühlgraben, hatte sich ein zweiter Neißearm gebildet. 8 bis 10 Morgen Ackerland lagen unter Kies begraben, an manchen Stellen 1,50 Meter hoch. Entwurzelte Bäume, angetriebene Baumstämme, Geäst, Tierkadaver und allerhand Unrat boten ein Bild der Verwüstung. Ein Pfeiler der Neißebrücke hatte sich abgesenkt. Der Pfeiler musste mit einer stählernen Spundwand umgeben und mit Beton ausgegossen werden. Das neuentstandene Flussbett wurde zugeschüttet, die Felder bis auf einen Rest von 2 Morgen entkiest. Zur Wiederherstellung des Dammes wurde Kies von der Schromer Seite per Feldbahn über eine Behelfsbrücke transportiert. Das Frühjahrshochwasser 1939 riss diese Brücke wieder weg, man musste sie neu errichten.