Der Baitzensteig
Auf den ersten Blick meint man, dass es über die nächsten hundert Jahre kaum etwas zu berichten gibt. Doch sehen wir einmal, was es über den Baitzensteg zu berichten gibt:
Weithin bekannt war die zweigeschossige Neißebrücke zwischen Baitzen und Schrom, über deren oberen Teil der „Reichensteiner“ fuhr, die Kleinbahn Kamenz-Reichenstein. Ein Stockwerk tiefer diente ein breiter Steg dem Fußgängerverkehr zwischen beiden Dörfern.
Bevor die Brücke zu Anfang des 20. Jahrhunderts gebaut wurde, verband eine Fähre Baitzen mit Schrom. Fuhrwerke benutzten noch in den zwanziger Jahren eine Furt, soweit sie nicht den Umweg über die Kamenzer Neißebrücke vorzogen.
Fast vergessen ist heute der hölzerne Fußsteg, der früher ungefähr an der Stelle der heutigen Kleinbahnbrücke über die Neiße führte. Dieser Steg hieß in der näheren Umgebung der „Baitzasteig“. In größerer Entfernung nannte man ihn, nach dem wegen seines Klosters bekannteren Nachbardorf, den „Kamenzer Steig“. Unter dieser Bezeichnung war der Steg bis in die obere Grafschaft und bis in die Gegend von Neisse, Neustadt und Ziegenhals bekannt.
Wann der Baitzensteig gebaut wurde und wie er aussah, ist uns nicht überliefert. Viel mehr als ein hölzerner Fußsteg mit einem Geländer wird es wohl kaum gewesen sein. Anscheinend war es auch nicht ganz ungefährlich, ihn zu benutzen. Jedenfalls erwähnte der Frankensteiner Buchbinder Anton Kastner (1743-1801) in seinem handschriftlichen Tagebuch für das Jahr 1775, dass „Pater Kuchelmeister Candidus“ (der Pater Küchenmeister des Klosters Kamenz) „über den bautzner Steige ins Wasser gefallen und ertrunken“ ist.
Der Baitzensteig muss wegen seiner Länge viel bestaunt worden sein. Überspannte er doch in seiner Länge von mehr als hundert Metern nicht nur die ganze Breite der Neiße, sondern auch noch weit ihre Ufer, vor allem auf der flachen und darum häufig überschwemmten Baitzner Seite. Die auffällige Länge des Baitzensteigs, die noch durch seine Schmalheit unterstrichen wurde, war geradezu sprichtwörtlich. Im Jahre 1827 riss ein Hochwasser den Steig fort, und man ersetzte ihn durch eine Fähre, aber noch lange danach lebten Redensarten weiter, die an ihn anknüpften.
Wie Karl Rother feststellte – Karl Rother, Wie Redensarten entstehen und „bekleiben“, in: „Unsere Heimat“, 1. Jg. 1925, S. 64 – gebrauchte man noch damals als Ausruf der Verwunderung die Wendung „Ooch du heiljer Baitzasteig!“ In Versform hieß es:
Auf den ersten Blick meint man, dass es über die nächsten hundert Jahre kaum etwas zu berichten gibt. Doch sehen wir einmal, was es über den Baitzensteg zu berichten gibt:
Weithin bekannt war die zweigeschossige Neißebrücke zwischen Baitzen und Schrom, über deren oberen Teil der „Reichensteiner“ fuhr, die Kleinbahn Kamenz-Reichenstein. Ein Stockwerk tiefer diente ein breiter Steg dem Fußgängerverkehr zwischen beiden Dörfern.
Bevor die Brücke zu Anfang des 20. Jahrhunderts gebaut wurde, verband eine Fähre Baitzen mit Schrom. Fuhrwerke benutzten noch in den zwanziger Jahren eine Furt, soweit sie nicht den Umweg über die Kamenzer Neißebrücke vorzogen.
Fast vergessen ist heute der hölzerne Fußsteg, der früher ungefähr an der Stelle der heutigen Kleinbahnbrücke über die Neiße führte. Dieser Steg hieß in der näheren Umgebung der „Baitzasteig“. In größerer Entfernung nannte man ihn, nach dem wegen seines Klosters bekannteren Nachbardorf, den „Kamenzer Steig“. Unter dieser Bezeichnung war der Steg bis in die obere Grafschaft und bis in die Gegend von Neisse, Neustadt und Ziegenhals bekannt.
Wann der Baitzensteig gebaut wurde und wie er aussah, ist uns nicht überliefert. Viel mehr als ein hölzerner Fußsteg mit einem Geländer wird es wohl kaum gewesen sein. Anscheinend war es auch nicht ganz ungefährlich, ihn zu benutzen. Jedenfalls erwähnte der Frankensteiner Buchbinder Anton Kastner (1743-1801) in seinem handschriftlichen Tagebuch für das Jahr 1775, dass „Pater Kuchelmeister Candidus“ (der Pater Küchenmeister des Klosters Kamenz) „über den bautzner Steige ins Wasser gefallen und ertrunken“ ist.
Der Baitzensteig muss wegen seiner Länge viel bestaunt worden sein. Überspannte er doch in seiner Länge von mehr als hundert Metern nicht nur die ganze Breite der Neiße, sondern auch noch weit ihre Ufer, vor allem auf der flachen und darum häufig überschwemmten Baitzner Seite. Die auffällige Länge des Baitzensteigs, die noch durch seine Schmalheit unterstrichen wurde, war geradezu sprichtwörtlich. Im Jahre 1827 riss ein Hochwasser den Steig fort, und man ersetzte ihn durch eine Fähre, aber noch lange danach lebten Redensarten weiter, die an ihn anknüpften.
Wie Karl Rother feststellte – Karl Rother, Wie Redensarten entstehen und „bekleiben“, in: „Unsere Heimat“, 1. Jg. 1925, S. 64 – gebrauchte man noch damals als Ausruf der Verwunderung die Wendung „Ooch du heiljer Baitzasteig!“ In Versform hieß es:
„Och du heiljer Baitza! Wu leid’n Schrom?
Ich mecht heiroata und hoa kenn Kroom!“
Ich mecht heiroata und hoa kenn Kroom!“
Über „Quadratloatscha“
und andere lange Dinge spottete der Volksmund: „Die
sein asu lang wie der Baitzasteig!“
Der Grafschafter „Guda-Obend-Kalender“ von 1919 erwähnt unter den Sprichwörtern aus Wilhelmstal die Redewendung „asu lang wie der Kamenzer Steig“.
Uns mag es verwunderlich erscheinen, dass ein hundert Meter langer Fußsteig derartiges Staunen „weit und breit ei dr Nähnde rim“ erweckte, wie der alte Seilermeister Volkmer zu sagen pflegte. – Aber vergessen wir nicht, dass es eine zweite Brücke von derartiger Länge eben in der ganzen weiteren Umgebung einfach nicht gab. Noch Anfang des 19. Jahrhunderts kamen die meisten Menschen nur selten über den Nachbarkreis hinaus, und ganz wenige Menschen reisten etwa gar bis an die Oder, wo sie vielleicht eine noch längere Brücke hätten bestaunen können. So ist es eigentlich ganz verständlich, dass der heute fast vergessene Baitzensteig einst die Gemüter unserer Vorfahren bewegte.
1978, als die Polen zwecks Kiesgewinnung den „Raschken“ ausbaggerten und in einen See verwandelten, wurden ca. 150 Meter unterhalb der Kleinbahnbrücke Pfahlreihen entdeckt. Zweifellos handelte es sich dabei um Überreste des Baitzensteiges.
Der Grafschafter „Guda-Obend-Kalender“ von 1919 erwähnt unter den Sprichwörtern aus Wilhelmstal die Redewendung „asu lang wie der Kamenzer Steig“.
Uns mag es verwunderlich erscheinen, dass ein hundert Meter langer Fußsteig derartiges Staunen „weit und breit ei dr Nähnde rim“ erweckte, wie der alte Seilermeister Volkmer zu sagen pflegte. – Aber vergessen wir nicht, dass es eine zweite Brücke von derartiger Länge eben in der ganzen weiteren Umgebung einfach nicht gab. Noch Anfang des 19. Jahrhunderts kamen die meisten Menschen nur selten über den Nachbarkreis hinaus, und ganz wenige Menschen reisten etwa gar bis an die Oder, wo sie vielleicht eine noch längere Brücke hätten bestaunen können. So ist es eigentlich ganz verständlich, dass der heute fast vergessene Baitzensteig einst die Gemüter unserer Vorfahren bewegte.
1978, als die Polen zwecks Kiesgewinnung den „Raschken“ ausbaggerten und in einen See verwandelten, wurden ca. 150 Meter unterhalb der Kleinbahnbrücke Pfahlreihen entdeckt. Zweifellos handelte es sich dabei um Überreste des Baitzensteiges.
Das
Wegenetz
Das Wegenetz in und um Baitzen war im 17./18. Jahrhundert gewiss anderer Natur als das heutige. Genaue Kenntnisse liegen nicht vor, man kann nur vermuten und die eigene Fantasie ein wenig in Anspruch nehmen.
Als Hauptweg, von Kamenz kommend, wäre folgender Verlauf denkbar:
1
Von der „Schwarzen Brücke“ her oder aus dem späteren Park heraustretend, etwa in Höhe des „Schwalbenschwanzes“, zwischen Förster (Nr. 63) und Gellrich (62), unterhalb der Patelt- und Mühlvilla, zwischen Böhm (56) und Feller (54) führt der Weg an der Mühle vorbei über den Mühlberg hinauf (auch die „Moschner-Gasse“ könnte in Betracht kommen) in das eigentliche Dorf.Vielleicht war auch das spätere „Bittner-Steigel“ der eigentliche Verbindungsweg zum Dorf.
Der „Schromer Weg“ über den „Baitzen-Steig“ bzw. durch die Neißefurt und durch den Raschken führend, schloß sich bei der Mühle dem Hauptweg an.
Von der Erbscholtisei (1) ging es dann den „Baitzen-Berg“ hinab, vielleicht ursprünglich über das „Hauke-Bergel“. Am Fuhrichteich bog wohl der Weg nach Oberpomsdorf – Patschkau und Hertwigswalde rechts ab, um bei Schindler (28) und Christoph (27) das Dorf zu verlassen.
Die Wegführung nach Gallenau und Alt-Altmannsdorf scheint sich bis in unsere Zeit nicht mehr verändert zu haben.
2
Ein späterer Verlauf des Hauptweges kann oberhalb der Patelt- und Mühlvilla, vorbei an Mechsner (72) und Thönelt (73) und unterhalb Kahler (80)/Probst (74) gesehen werden.
3
Schließlich entstand die noch heute vorhandene Straße oberhalb Kahler/Probst, am Dorfplatz bei Patelt (1) vorbei, zwischen Pfarrhof und Janig/Fischer (14) hinab bis Rasch (36). Hier, zwischen Rasch und Kahler (35) knickt dann die Straße nach Ober-Pomsdorf-Patschkau ab.Der Weg nach Hertwigswalde bog erst hinter Bartsch (75) ab.
Der Weg entlang des Parks in Richtung Gallenau wird erst nach dem Bau des Kamenzer Bahnhofs an Bedeutung gewonnen haben.
4
Der 1939 begonnene und durch den Krieg unterbrochene Bau der neuen Chaussee über den Bleischwitzberg wurde bis auf den heutigen Tag (1984) nicht vollendet.
Das Wegenetz in und um Baitzen war im 17./18. Jahrhundert gewiss anderer Natur als das heutige. Genaue Kenntnisse liegen nicht vor, man kann nur vermuten und die eigene Fantasie ein wenig in Anspruch nehmen.
Als Hauptweg, von Kamenz kommend, wäre folgender Verlauf denkbar:
1
Von der „Schwarzen Brücke“ her oder aus dem späteren Park heraustretend, etwa in Höhe des „Schwalbenschwanzes“, zwischen Förster (Nr. 63) und Gellrich (62), unterhalb der Patelt- und Mühlvilla, zwischen Böhm (56) und Feller (54) führt der Weg an der Mühle vorbei über den Mühlberg hinauf (auch die „Moschner-Gasse“ könnte in Betracht kommen) in das eigentliche Dorf.Vielleicht war auch das spätere „Bittner-Steigel“ der eigentliche Verbindungsweg zum Dorf.
Der „Schromer Weg“ über den „Baitzen-Steig“ bzw. durch die Neißefurt und durch den Raschken führend, schloß sich bei der Mühle dem Hauptweg an.
Von der Erbscholtisei (1) ging es dann den „Baitzen-Berg“ hinab, vielleicht ursprünglich über das „Hauke-Bergel“. Am Fuhrichteich bog wohl der Weg nach Oberpomsdorf – Patschkau und Hertwigswalde rechts ab, um bei Schindler (28) und Christoph (27) das Dorf zu verlassen.
Die Wegführung nach Gallenau und Alt-Altmannsdorf scheint sich bis in unsere Zeit nicht mehr verändert zu haben.
2
Ein späterer Verlauf des Hauptweges kann oberhalb der Patelt- und Mühlvilla, vorbei an Mechsner (72) und Thönelt (73) und unterhalb Kahler (80)/Probst (74) gesehen werden.
3
Schließlich entstand die noch heute vorhandene Straße oberhalb Kahler/Probst, am Dorfplatz bei Patelt (1) vorbei, zwischen Pfarrhof und Janig/Fischer (14) hinab bis Rasch (36). Hier, zwischen Rasch und Kahler (35) knickt dann die Straße nach Ober-Pomsdorf-Patschkau ab.Der Weg nach Hertwigswalde bog erst hinter Bartsch (75) ab.
Der Weg entlang des Parks in Richtung Gallenau wird erst nach dem Bau des Kamenzer Bahnhofs an Bedeutung gewonnen haben.
4
Der 1939 begonnene und durch den Krieg unterbrochene Bau der neuen Chaussee über den Bleischwitzberg wurde bis auf den heutigen Tag (1984) nicht vollendet.
Das Baitzner Wegenetz seit dem 17.
Jahrhundert